Wien – Heimische Politiker und Behörden beschwören inzwischen gerne, wie vorbildlich und streng die österreichischen Regeln gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung seien und wie wichtig ein internationaler Informationsaustausch sei. Zumindest innerhalb der EU könnte es den Austausch von Kontoinformationen aber schon seit vielen Jahren geben, hätte sich nicht Österreich – gemeinsam mit Luxemburg – so nachhaltig dagegen quergelegt. Gemauert wurde dabei frei nach dem Banker-Bonmot: „Das Geld hat es gern dunkel.“ Ein Rückblick:
Bis 1997 galt die Harmonisierung der Kapitalertragssteuern auf Zinsen (Quellensteuer) als bester Weg im Kampf gegen Steuerbetrug. Die Briten überzeugten die meisten Europäer allerdings bis zum Jahr 2000, die Quellensteuer und den Informationsaustausch als gleichwertige Lösungen anzusehen – und dass man Informationen über Zinserträge austauschen sollte.
Damit standen Österreich, Luxemburg und Belgien unter Druck. Österreichs damaliger Finanzminister Karl-Heinz Grasser und sein Amtskollege aus Luxemburg, der heutige EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, beeilten sich zu beteuern, das Bankgeheimnis sei unantastbar. Deutschland lüftete sein Bankgeheimnis für Ausländer und wurde rasch ein heftiger Befürworter des Informationsaustausches.
Der Druck auf Österreich stieg in Folge rapide. Bei der nächsten Abstimmung 2002 verschanzten sich Luxemburg und Österreich hinter der Schweiz: Man werde nur zustimmen, wenn es die Schweizer und andere Steueroasen auch täten. Allgemein ging damals niemand davon aus, dass die Schweiz ihr Bankgeheimnis lockern könnte – sie sollten später eines Besseren belehrt werden. Auch Ex-Steueroasen wie Andorra, Monaco und San Marino haben ihr Bankgeheimnis mittlerweile abgeschafft bzw. stark gelockert.
Aber zurück zum Jahr 2000: Damals wurde die völlige Anonymität von Sparguthaben, bei denen auch die Bank nicht wusste, wem das Geld gehört, auf Druck der OECD abgeschafft. In Österreich schützte aber weiter per Bankgeheimnis die in- und ausländischen Kunden vor einem Zugriff der Steuerbehörden. Rund um den Jahreswechsel 2002/2003 gab es dann im EU-Rahmen bzw. zwischen EU und Schweiz intensive Verhandlungen, den Informationsaustausch einzuführen. Dies blockierte insbesondere Grasser. Am Ende stand ein Kompromiss, nach dem der damalige Finanzminister „sehr zuversichtlich“ war, „dass er das Bankgeheimnis über 2010 hinaus abgesichert hat“. Denn Österreich dürfe weiter eine Quellensteuer einheben, statt Informationen auszutauschen, bis die Schweiz, San Marino, Liechtenstein, Monaco und Andorra bereit wären, auf Anfrage Informationen über Sparerträge weiterzugeben. Das sei aber nicht sehr wahrscheinlich, glaubte Grasser damals.
Österreichs Banken wehrten sich mit Händen und Füßen gegen eine Aufweichung des Bankgeheimnisses. Sie fürchteten massive Kapitalabflüsse. Eine Unterscheidung zwischen Inländer- und Ausländeranonymität wurde damals als abwegig verworfen. 2009 schließlich akzeptierte Belgien den Informationsaustausch, womit Österreich und Luxemburg als Bremser übrig blieben.
Anfang April 2013 akzeptierte Luxemburg dann das Konzept, Informationen über Zinserträge von EU-Ausländern an deren Heimatländer weiterzuschicken. Österreich blieb zunächst noch unnachgiebig: „Wir werden um das Bankgeheimnis kämpfen, das bin ich den Österreichern schuldig“, sagte die damalige Finanzministerin Maria Fekter am 13. April 2013 vor dem EU-Finanzministerrat. Eine Änderung in Richtung automatischer Informationsaustausch sei „nicht notwendig. Wir haben die Quellenbesteuerung“, und diese sei effizienter als „ein Datenfriedhof“.
Aber Ende April knickte Österreich dann doch ein. Zwar leistete man noch verschleppenden Widerstand. Doch unter Finanzminister Hans Jörg Schelling schwenkte die Regierung darauf ein, wie die anderen EU-Länder die Bestimmungen in Kraft zu setzen. Der endgültige Startschuss fällt im Herbst 2017, manche Daten werden aber erst 2018 übertragen. (wer, APA)
Schlagworte