Innsbruck – Der Abspann ist zum Greifen nah, als das zum Prinzen mutierte Biest mit seiner Belle in verliebter Seligkeit übers Märchenschloss-Parkett schwebt: klassisches Happy End im aufpolierten Disney-Universum. Doch dann kommt er – der Moment, der konservative Sittenwächter in Empörung versetzte und aus einem harmlosen Film für die ganze Familie einen veritablen Aufreger machte. LeFou, der g’schamste Diener des selbstverliebten Bösewichts Gaston, schwelgt nämlich mit kokettem Augenaufschlag ebenfalls in Walzerseligkeit. Und zwar mit einem Mann.
Die Szene dauert nur ein paar Sekunden, doch dieser homosexuelle Wimpernschlag hat ausgereicht, um den russischen Abgeordneten Witali Milonow in Rage zu versetzen. Der Film stelle eine „unverhohlene, schamlose Propaganda der Sünde und pervertierter sexueller Beziehungen“ dar, ließ er den russischen Kulturminister wissen. Und forderte ein Verbot dieser „Schwulenpropaganda“: So weit kam es dann zwar nicht, aber das Tänzchen hat dazu geführt, dass „Die Schöne und das Biest“ mit einer Altersbeschränkung versehen wurde. Der Film, der hierzulande ab 8 Jahren freigegeben ist, darf in Russland erst ab 16 besucht werden. In Malaysia ging man indes noch einen Schritt weiter – und ließ den Männertanz ganz rausschneiden, damit das Kinopublikum nicht auf „blöde“ Ideen kommt.
Peter Funk, Jugendsprecher der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, hält die politischen Boykottversuche und die Zensur für „totalen Blödsinn“ und wünscht sich ein Umdenken der erzkonservativen Lobby, die schon ein kussloser Männertanz derart in Wallung geraten lässt. Ein Umdenken, das in seinen Augen in Disney-Filmen bereits passiert ist. Schließlich sei LeFou (verkörpert von Josh Gad) nicht die erste Figur, die homosexuelle Züge trägt. Schon im Zeichentrickfilm „Arielle“ von 1989 sei die Hexe Ursula optisch der Dragqueen Divine nachempfunden worden. Und auch in „König der Löwen“ könnte man in die innige Freundschaft zwischen Erdmännchen Timon und Warzenschwein Pumbaa durchaus mehr hineininterpretieren. In Elsa, der eigensinnigen Heldin des Disney-Kassenschlagers „Die Eiskönigin“, die bewusst nach keinem Prinzen giert, sehen Vertreter der Queer-Community indes Ansätze eines lesbischen Charakters. Unter dem Hasthag #GiveElsaAGirlfriend wurde im Netz deshalb auch der Ruf nach einer gleichgeschlechtlichen Romanze laut – ob es in der geplanten Fortsetzung tatsächlich zu einem Outing kommt, steht aber noch in den Sternen.
Aber zurück zu LeFou, der auf Männer steht – und zwar auch auf böse. Bevor er den finalen Aufregertanz wagt, wirft er nämlich seinem eitlen Herrn Gaston schmachtende Blicke zu. Und schmiegt sich in einem Loblied auf ihn auch innig an ihn. Dass LeFou für einen Schurken entflammt, hält Peter Funk für positiv. „Schwule Charaktere sollten nicht nur sanft und gutmütig dargestellt werden: Wir sind ganz normal – und verlieben uns eben manchmal auch in den Falschen.“ (fach)
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